«Prüfungshopping»

Jeder muss einzeln seine Leistung erbringen, heisst es. Aber das ist nicht alles, mehr dazu im Wochenbrief.

Den Begriff «Prüfungshopping» hörte ich letzte Woche zum ersten Mal. Er beschreibt die Haltung von Schülerinnen und Schülern, die sich an den Leistungstests orientieren und nicht am Unterricht. Konkret bedeutet dies, dass man in der Englischlektion Mathematik repetiert, in der Mathematiklektion Geschichte lernt, in der Geschichtslektion im Biologiebuch liest, in der Biologielektion französisches Vokabular büffelt usw. Der sinnlose Reigen liesse sich noch lange weiterführen.

In dieser Formulierung mag die Darstellung überspitzt sein, aber es ist eine echte Sorge, wenn an einer Schule die Prüfungen wichtiger werden als der Unterricht, wenn die Noten wichtiger sind als die gemeinsame Auseinandersetzung mit fachlichen Fragen.

Noten können zweifellos hilfreich sein. Ich zitiere aus unserer Wegleitung: «Die Noten sind ein Teil des Feedbacks, das zum Begleiten von Lernprozessen gehört (…) Sie sind aber nicht der Zweck des Unterrichts.»

Die Rückmeldungen über den Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler erfolgt nicht nur über schriftliche Tests. Manchmal zeigt eine freudig lächelnde Lehrperson, dass eine Schülerin etwas sehr Gutes im Unterricht gesagt hat. Oder die Bewegung einer Augenbraue vermag darauf hinzudeuten, dass die Schüler-Antwort unbefriedigend war.

Das gilt übrigens auch in der umgekehrten Richtung. Lehrpersonen erhalten laufend Feedbacks, wenn sie die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler wahrnehmen.

Leider setzte man aber in den letzten Jahren vermehrt auf formalisierte schriftliche Rückmeldungen. Im Unterricht bekamen dadurch Prüfungen und Noten ein übermässiges Gewicht. Die Zahlen zwischen 1 und 6 bewirken zudem, dass Vergleiche wichtig werden. Wer hat die höchste Note? Wer gewinnt?

Entspricht dies einfach unserer wettbewerbsorientierten Gesellschaft, auf die wir unsere Schülerinnen und Schüler vorbereiten müssen?

Wenn man Matthias Mölleney folgen will, der am 11. Juni ein Referat an der KUE gehalten hat, müsste die Schule vermehrt auf zwei Dinge achten.

Erstens wird in Zukunft die Kooperationsfähigkeit sehr gefragt sein. Wer sich nicht in ein Team einbringen kann, wird es schwer haben in der Arbeitswelt. Die Schule müsste also vermehrt soziale Fähigkeiten einfordern und nicht nur Einzelleistungen.

Zweitens braucht es laut Mölleney in Zukunft Menschen, die sich ihrer Stärken bewusst sind und diese auch einbringen wollen. Es gilt für die Schule also, weniger defizitorientiert zu bewerten und vermehrt die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen.

Martin Zimmermann

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