«Aus der kleinen Startup-Schule entstand etwas Einzigartiges»
Jan Melissen, wie wird man Präsident einer Schulkommission?
Weil man angefragt wird (lacht).
Und warum wird man angefragt?
Ich hatte 2018 ein grosses Projekt hinter mir: den Aufbau der Bibliothek der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) im Toni-Areal in Zürich. Ich brachte somit Erfahrungen im Aufbau von Grossprojekten mit und hatte auch keine Berührungsängste. Das Erste, was ich mit dem Projektleiter Urs Bamert übrigens tun musste, war, die weiteren Mitglieder der Schulkommission zu bestimmen, in Absprache mit dem Mittelschul- und Berufbildungsamt.
War es schwierig, die restlichen Mitglieder zu finden?
Nein, die Suche für die KUE war und ist kein Problem, denn die Schule entwickelt sich gut und die Mitarbeit in der Schulkommission ist inhaltlich attraktiv. Auch für meine Nachfolge haben wir bereits eine Lösung: Die Vizepräsidentin Annina Arpagaus übernimmt das Präsidium ab dem 1. Januar, vorbehältlich der Zustimmung des Regierungsrates.
Man sagt dir nach, du seist demokratisch, unkompliziert und ohne hierarchisches Denken. Hat das mit deiner holländischen Herkunft zu tun?
Dies hat vielleicht wirklich auch mit meiner Sozialisation in der damaligen Zeit in den Niederlanden zu tun, wo Projekte schon früher als in anderen Ländern sehr partizipativ angegangen wurden. Ich bin von dieser Arbeitsweise bis heute überzeugt. Flache Hierarchien und eine Zusammenarbeit, bei der jeder und jede seine Expertise einbringen kann, führt zu besseren Ergebnissen. Es ist sinnvoll, das Wissen und die Erfahrung von anderen zu respektieren und in Entscheidungen miteinzubeziehen, und das kann verloren gehen, wenn man versucht, sich mit Macht durchzusetzen.
Man sagt dir auch nach, du habest Empathie, Menschenkenntnis und könnest Situationen richtig einschätzen. Ist das einfach die Erfahrung oder steckt da noch etwas anderes dahinter?
Danke, das nehme ich als Kompliment. Ja, ich bemühe mich, andere Perspektiven nachzuvollziehen. Manchmal gelingt das besser und manchmal schlechter. Was ich dabei aber immer als hilfreich empfinde, ist, schwierige Situationen mit anderen Menschen zu reflektieren. Alleine dreht man sich oft im Kreis.
Du warst von Beginn bei der KUE dabei. Wie hast du den Aufbau und die Gründung der KUE erlebt?
Am Anfang war alles klein und übersichtlich, und wir hatten eine kreative und euphorische Startup-Situation. Man musste viele Entscheidungen treffen, für Neues Lösungen finden und den Betrieb aufbauen. Es brauchte auch einen Findungsprozess zwischen der Schulleitung und der Schulkommission. Kreative Überlegungen waren immer wichtig und wurde von beiden Seiten stets gefördert. Das hatte ich selten so erlebt. Aus dieser kleinen Startup-Schule ist heute etwas wirklich Einzigartiges und Schönes entstanden.
Woran erinnerst du dich besonders gern?
An die vielen sozialen Anlässe, zu denen ich miteingeladen war: An die Retraiten, zum Beispiel zweimal in Ittingen: Die erste war 2019 und die letzte diesen Herbst. Ich erlebte dort sehr deutlich die Entwicklung der Schule und der Mitarbeitenden, nicht nur bezüglich Grösse, auch bezüglich Intensität in der Zusammenarbeit. Aber auch an die Retraite in Brunnen oder jene in der Roten Fabrik in Zürich erinnere mich gerne.
Was war in der Roten Fabrik speziell?
Wie sich da zum Beispiel die ganze Belegschaft auf dem Cassiopeia-Steg in Wollishofen für ein gemeinsames Bild versammelt hat, diese Offenheit, Aufbruchsstimmung und Kommunikationsfreude, das werde ich nie vergessen. Auch die Präsentationen der Maturaarbeiten habe ich sehr genossen: Es war beeindruckend zu sehen, was an der Schule geleistet, gelernt und gelehrt wird. Und schliesslich das grosse Abschiedsfest dieses Jahr für den abtretenden Gründungsrektor Martin Zimmermann: Die ganze Schule hat sich beteiligt, die Stimmung war einzigartig und toll.
Was war im Rückblick eher schwierig?
Manchmal musste man Bewerber:innen ablehnen, das gehörte halt dazu. Insgesamt sind wir aber bisher von grossen Dramen verschont geblieben. Irgendwann mussten wir auch erkennen, dass unsere Hoffnung auf einen schnellen Umzug an den See enttäuscht werden könnte; der Zeitplan konnte aus verschiedenen Gründen nicht eingehalten werden. Trotzdem haben wir auch in Hinblick auf dem Umzug immer noch einen Pionier- und Experimentiergeist.
Vor zwei Jahren wurdest du als Leiter des Medien- und Informationszentrums der ZHdK pensioniert, nun verlässt du auch die Schulkommission. Was wirst du nun machen?
Seit ich pensioniert war, hatte ich mehr Zeit für die KUE. Nun bilde ich mich auch an der Uni weiter. Dazu wandere und rudere ich gerne. Ich bin also beschäftigt (lacht).
Interview: Matthias Böhni